Historyline 1914-1918

Historyline 1914-1918 - Mehr als ein Asset-Swap für Battle Isle? - Wir müssen reden

In dieser Folge reden Fjalk und Bacon L'Orange über Historyline 1914-1918, den historischen Ableger der Battle Isle Serie und klären dabei die folgenden Fragen:

  • Warum spielt das Spiel eigentlich im Ersten Weltkrieg und wie gut wurde das Szenario umgesetzt?
  • Mit welchen Mitteln erzeugt es die Stimmung und vermittelt dem Spieler dabei auch noch Wissen?
  • Warum kann ich mit meinem U-Boot keine Panzer versenken? Bzw. Was macht das Kampfsystem des Spiels aus?
  • Konnte Blue Byte nur Strategie-Spiele, oder gab es noch andere wichtige Meilensteine aus ihrem Haus?

Wir untersuchen die Authentizität des historischen Szenarios und die kreativen Mittel, die genutzt werden, um die Epoche lebendig zu machen. Dabei analysieren wir das Kampfsystem und die strategischen Optionen, die den Spielern zur Verfügung stehen, sowie die Einheitenvielfalt, die im Verlauf des Krieges variiert. Das Spiel integriert historische Informationen zwischen den Missionen und bietet damit einen Zugang zu den Ereignissen. Zudem diskutieren wir die Implementierung von Künstlicher Intelligenz, die den Spielverlauf beeinflusst, und vergleichen die Steuerungsmethoden. Abschließend reflektieren wir über das Erbe von Blue Byte und das Spiel in der Fachpresse

Spielname
Historyline 1914-1918, History Line, The Great War: 1914-1918
Jahr
1992
Firmen
Blue Byte, Strategic Simulations Inc.
Personen
Lothar Schmitt, Ralf Jürgen Kraft, Bernhard Ewers, Thomas Häuser, Haiko Ruttmann, Thomas Hertzler
Plattformen
Amiga, PC
Der Logobildschirm des Spiels Historyline

Wertungskasten

Amiga Joker Ausgabe: 11/92 System: Amiga Wertung: 86%
Play Time Ausgabe: 12/92 System: PC Wertung: 88%
Power Play Ausgabe: 12/92 System: PC Wertung: 86%
PC Games Ausgabe: 12/93 System: PC Wertung: 80%
Sommer 1914: Otto von Bismarck ist seit 16 Jahren tot, seine Bündnispolitik, die das Deutsche Reich vor einem Zweifrontenkrieg schützen sollte, noch länger.Ebenso Franz Ferdinand, der österreichisch-ungarische Thronfolger, der als Kaiser möglicherweise genau das getan hätte, weshalb ihn ein serbischer Nationalist in Sarajevo getötet hat – Den slawischen Völkern im Habsburgerreich mehr Unabhängigkeit gewähren. Wenn auch aus den denkbar falschesten Gründen.
Zudem sind die Beziehungen zwischen den mächtigen europäischen Nationen mit ihren Kolonialreichen auf das Äußerste angespannt und.... Warum unterbricht mich hier eigentlich niemand?
Es geht um einen der Klassiker aus dem Hause Blue Byte. Blue Byte, das uns neben den Siedlern und Battle Isle auch das absolut spielenswerte History Line: 1914-1918 gebracht hat. Das aber weder 1914 noch 1918, sondern 1992. Wie der Titel und der Monolog von Anfang vermuten lässt, handelt es sich hier um ein Strategiespiel im Ersten Weltkrieg (dem Großen Krieg), in der wir als das deutsche Reich oder Frankreich (mit Großbritannien) versuchen, in 24 Missionen siegreich zu sein.
Die Artillerie ist immer noch so stark wie damals - schon fast zu stark.
Portrait von Bacon L'Orange
Bacon L'Orange
Begleitet wird die Kampagne von viel Wissen vom Weltgeschehen – auch abseits der Schlachtfelder - während der vier Jahre, die der Krieg andauerte. Das ganze aufbereitet im Stil von kurzen Zeitungsmeldungen.
Doch zurück zur Action: Während eine Partei ihre Bewegungszüge plant, erteilt die andere Seite Angriffsbefehle. Das Ganze geschieht simultan im Splitscreen, was es bei einer Partie zwischen zwei menschlichen Spielern schwer macht, seine Taktiken im Geheimen zu planen.
Ziel der Missionen ist es immer, alle gegnerischen Einheiten zu besiegen, was in animierten Sequenzen dargestellt wird, oder das gegnerische Hauptquartier zu erobern. Während einer Schlacht sammeln die Einheiten Erfahrung, was sie nach und nach gefährlicher für den Gegner macht.
Um den Kampfwert seiner erfahrenen Einheiten zu erhalten, muss man sie regelmäßig, wenn sie Gefechte überstanden haben, in Depots oder Fabriken neu ausrüsten, bzw. ihre Reihen mit neuen Soldaten füllen. In den Fabriken lassen sich auch neue Einheiten ausheben.
Hätte man im I.WK die Kavallerie so einsetzen können, wie im Spiel, wären alle Weihnachten wieder zu Hause gewesen
Portrait von Fjalk
Fjalk
Beide Seiten spielen dieselben Missionen, mit unterschiedlichen Levelcodes (da die Kampagne nicht dynamisch voranschreitet, braucht man zwischen den Missionen nicht speichern) und unterschiedlichen Startbedingungen. (Positionierung auf dem Schlachtfeld und Eiheitenarten)
Die Entwickler haben großen Wert auf Wissensvermittlung gelegt. Das sieht man nicht nur an den schon erwähnten "Zeitungsartikeln", sondern auch an einem umfangreichen Handbuch mit genauen Einheitenbeschreibungen und Informationskästen im Spiel.
Im Zweispielermodus muss man doppelt so genau überlegen, welche Einheiten zuerst bewegt werden. Damit kann man aber auch den Kumpel versuchen, abzulenken.
Portrait von Bacon L'Orange
Bacon L'Orange
Einigeln, Gegner kommen lassen und mit der Artillerie zerfetzen. Win-Win
Portrait von Bacon L'Orange
Bacon L'Orange

Historyline 1914-1918 - DOS - 1992 - Intro und Anfang der ersten Mission

Bacon L'Orange spielt Historyline 1914-1918 und zeigt nach dem Intro den Anfang der ersten Mission auf Seiten der französischen Armee.

Historyline - Die guten und die schlechten Seiten

Wer in den 90ern ein Faible für Rundstrategie-Spiele hatte und sich für reale Szenarien, wie den Ersten Weltkrieg, interessierte, für den war Historyline eine Offenbarung. Das Spiel bot taktische Tiefe, einen Zwei-Spieler Modus und genug Karten zur Auswahl, um sich lange Zeit in diesem zu verlieren. Doch nicht alles was glänzt, ist zwangsläufig Gold und wir wollen einmal die Vor- und Nachteile des Spiels kurz beleuchten.
Historischer Tiefgang
Zwischen den Missionen erfahren wir, was in den zwei Monaten im Krieg, aber auch sonst in der Welt passiert ist. Das schön animierte Intro führt den Spieler in den Ersten Weltkrieg ein und die Einheiten basieren in der Regel auf real existierenden Fahrzeugen und Flugzeugen. Auch dass Einheiten erst verfügbar sind, wenn sie real im Krieg eingreifen, spricht für Authentizität und erlaubt den Entwicklern den Spieler mit jeder Karte vor neue Rätsel zu stellen und auch Vorfreude auf die neuen Einheiten zu entwickeln.
Auch das Handbuch glänzt hier, erklären die Entwickler ausführlich ihre Intention mit dem Spiel und im zweiten Einheitenhandbuch auch historische Details zu den einzelnen Einheiten, mit ihren echten Daten und wie diese im Spiel umgesetzt sind.
Hexfeld-Rundentaktik vom Feinsten
Jede Bewegung will wohlüberlegt sein, besonders bei Artillerie bedeutet Bewegung häufig, dass im Aktionszug kein Feuern möglich ist. Einheiten wie Pioniere, welche noch Schützengräben bauen können, das Erobern von Depots und Fabriken, sowie der Einfluss des Geländes auf die Angriffs- und Verteidigungsfähigkeit sorgen für langanhaltende taktische Gefechte.
Zwei-Spieler Modus
Durch den Splitscreen-Modus können beide Spieler immer aktiv sich am Spiel beteiligen, es kommt wenig Leerlauf auf. Dann kann zusätzlich noch der Gegner durch seine eigenen Aktionen unauffällig beeinflusst werden und erobert ein Spieler das Hauptquartier des Gegners, so ist die Freude groß.
Ausgewogene Balance
Beide Seiten (Deutschland und Frankreich) haben ähnlich starke Einheiten, keine Seite hat eine Supereinheit, gegen welche die andere Seite nicht ankommen kann. Dazu gehört auch, dass es gegen jede Einheit das richtige Werkzeug gibt, diese abzuwehren. So gewinnt in der Regel der bessere Stratege und nicht die Übereinheit ein Gefecht.
Kartenvariabilität
Es gibt komplett unterschiedliche Schauplätze, seien es reine Feldschlachten oder später auch Gefechte mit Unterstützung von Lufteinheiten oder Kämpfe auf See. Durch die Abwechslung und immer neue Einheiten zum Erkunden bleibt der Spieler aktiv am Ball und will sehen, was die nächste Mission zu bieten hat.
Wissensvermittlung
Ohne mit dem pädagogischen Zeigefinger zu winken, lernst du beim Spielen auch einiges über die Kriegsmaschinerie von 1914–1918.
Langsame Spielzüge
Besonders auf den großen Karten braucht die CPU auf damaliger Hardware doch einiges an Zeit, um ihre Schritte zu überdenken, bevor sie diese ausführt. Dies führt dazu, dass auch schon die ersten Karten teilweise Stunden dauern, da auch der Spieler besser genau überlegt, bevor er Einheiten bewegt und welcher Gegner zuerst angegriffen wird.
KI schwankt im Verhalten
Das Gegnerverhalten ist nicht immer schlüssig. Generell wirft der Computer besonders zu Beginn einer Schlacht häufig viel nach vorne, weswegen der Spieler nicht verkehrt beraten ist, sich dann defensiv zu verhalten. Später entbrennen heiße Gefechte um Depots und Fabriken.
Dann gibt es aber auch Momente, wo der Gegner seine Einheiten defensiv am Hauptquartier behält, obwohl sie von der Artillerie in Stücke geschossen werden. Bedenkt man aber das Erscheinungsjahr, so sind solche Aussetzer allerdings zu verkraften und ermöglichen auch dem Spieler seine Taktiken entsprechend anzupassen, um sich besser aus ausweglosen Situationen herauszumanövrieren.
Kein Editor
Das Spiel bietet 24 Karten für das Spiel gegen den Computer, die auf beiden Seiten gespielt werden können. Dabei sind die Karten nicht unbedingt immer eine Spiegelung. Dennoch hätten sich Fans damals vor allem einen Editor gewünscht, um noch mehr Vielfalt und Abwechslung zu haben.
Viele Ähnlichkeiten mit Battle Isle
Die Ähnlichkeiten zu dem Fantasy-Strategiespiel sind nicht von der Hand zu weisen, stammt das Spiel doch von dem gleichen Studio und auch vielen der gleichen Entwickler. Diese haben im Handbuch sogar dem Punkt ein Kapitel entwickelt. Dennoch bietet das Spiel mehr als nur ein anderes grafisches Asset, sondern fordert durch die kleinen aber feinen Änderungen auch erfahrene Battle Isle-Strategen.

Übersicht über die Spiele von Blue Byte bis zur Übernahme durch Ubisoft

Gegründet wurde Blue Byte 1988 in Mülheim von Thomas Hertzler und Lothar Schmitt, die vorher bei Rainbow Arts gearbeitet hatten. In den Anfangsjahren lag der Fokus des Studios auf dem Amiga, bis in den 90ern dann der Wechsel auf den PC als Hauptplattform erfolgte. Blue Byte hat viele Klassiker entwickelt und wurde im Jahr 2001 von Ubisoft aufgekauft. Eine Auflistung der wichtigsten Spiele bis zur Übernahme:

Die Spiele-Archäologen Wertung zu Historyline 1914-1918

Damals hab ich es geliebt, heute lebt es von der Nostalgie und die Informationen zwischen den Missionen finde ich immer noch eine geniale Idee.
Portrait von Bacon L'Orange
Bacon L'Orange: 8/10
Es gibt wenig, was mir an History Line nicht gefällt. Sein Setting, seine Grafik, seine überraschende Tiefe in Sachen Geschichtsvermittlung… Doch leider gibt es einige Logikfehler, die mir beim Spielen aufstoßen. Panzer können nicht über Schützengräben fahren? Dafür wurden sie gebaut! Flugzeuge müssen um Bodeneinheiten, die keine Luftabwehrbewaffnung haben, herumfliegen? Können sie die Piloten sonst mit dem bösen Blick verfluchen?
Ansonsten eine sehr motivierende und tiefgehende Weltkriegssimulation, die lange Zeit ihresgleichen suchte.
Portrait von Fjalk
Fjalk: 8.5/10

Wertung der Spiele-Archäologen: 8.25/10 Punkten